Über Schillers Trauerspiel „Kabale und Liebe“:
(gesehen am 30. September 2006 im Großen Haus des Theaters Augsburg)

Im Schiller-Jahr 2005 wurde die Theatersaison mit dem bürgerlichen Trauerspiel „Kabale und Liebe“, einem Ständedrama des Meisters, eröffnet. Roland Hüve inszenierte das Stück. Darin hat sich Luise Miller (Christine Diensberg), die Tochter eines Musikers (Thomas Plock) in Major Ferdinand von Walter (Nikolai Ritzkowsky), den Sohn des Präsidenten eines nicht näher bezeichneten Landes (Rainer Etzenberg) verliebt. Während Luises Vater diese Verbindung beenden will, sieht seine Frau (Nicole Schneider) darin eine Chance für ihre Tochter, in die besseren Kreise aufzusteigen. Der Präsident hält die Liebschaft für eine flüchtige Affäre und will seinen Sohn mit Lady Milford (Stephanie Gossger), der „Favoritin“ seines Herzogs verheiraten. Er gibt die Vermählung bekannt, obwohl er seinen Sohn nicht darüber informiert hat, der Luise aufrichtig liebt und geneigt ist, sie zu heiraten und dafür sogar Standesgrenzen zu ignorieren. Heftige Auseinandersetzungen Ferdinands mit seinem Vater sind die Folge. Erschwerend kommt hinzu, dass sich Lady Milford, der Ferdinand einen Besuch zur Klärung des Missverständnisses abstattet, als eine durchaus liebenswerte und gutherzige Person erweist, die sogar echte Empfindungen für den Major eingesteht. Ihre Enttäuschung ist groß, als Ferdinand ihr seine Liebe zu Luise offenbart. Ein Skandal, die geplatzte Eheschließung mit Lady Milford, ist vorprogrammiert. Die Tragödie nimmt ihren Lauf, weil Ferdinand nicht kompromissbereit ist. Als sich Präsident von Walter bei einem Besuch in Millers Wohnung nach schlimmen Auftritten von der Entschlossenheit seines anwesenden Sohnes überzeugt hat, weiß er sich keinen Rat, bis ihm sein Sekretär Wurm Frank Siebenschuh), der seinerseits ein Auge auf Luise geworfen hat, einen Plan zur Trennung des Liebespaares aufzeigt. Einen erpressten Liebesbrief Luises an den Hofmarschall, mit dem sie ihren Vater vor einem Todesurteil wegen Drohungen gegen den Präsidenten retten will, spielt man in Ferdinands Hände, der über die scheinbare Untreue seiner geliebten Luise verzweifelt ist und nach etlichen weiteren Wirren sich selbst und Luise mit Gift, das er in eine Limonade geschüttet hat, tötet.

Schon Wolfgang Buchners Bühnenbild zeigt die Standesgrenzen der Welt des 18. Jahrhunderts überdeutlich: Aus einer höheren Ebene begeben sich die Leute vom Hofe zu ihren Untertanen in Millers Wohnstube auf einer schmalen Wendeltreppe hinab. Aber die Gesellschaft ist in Schieflage, weshalb die schiefe Ebene in anderen Szenen eingebaut ist. Die extrem frischen und vitalen Gemüter vor allem Luises, aber auch Ferdinands sind zwar Hefe in den Konventionen der steifen höfischen Gesellschaft, kommen aber gegen die Intrigen und moralische Skrupellosigkeit ihrer Gegner nicht an. Aber auch die Einstellungsunterschiede in der Millerschen Familie und am Ende zwischen den Geliebten kommen deutlich zum Ausdruck. Miller (In der Mitte der Bühne) sitzt am Anfang meterweit von seiner Frau (auf der linken Seite) und ebenso weit von Ferdinand (rechts) entfernt. Tiefe Gräben gibt es in dieser ständischen Welt überall.

Hüve hat eine interessante Schiller-Interpretation vorgelegt und ohne aufgesetzte Schnörkel eine ausdruckstarke Inszenierung geliefert. Der Abend war eine Bereicherung und wunderbare Ergänzung zum Schulunterricht, in dem der Klassiker Schiller natürlich nicht fehlen darf.


   
  Luise, Major von Walter und Luises Vater Miller   Ferdinand von Walter, sein Vater (im Hintergrund), Miller und Luise auf dem Boden
 

   
  Luises Mutter, Miller und Sekretär Wurm   Sekretär Wurm und Luise
 

   
  Sekretär Wurm und Luise   Wurm, Miller und seine Frau