Über das Stück „Der Jazzdirigent“:
(gesehen am 15. März 2006 im Abraxas, Augsburg)

Häufig produziert das Fakstheater Vorführungen für Kinder und Jugendliche. Wir erlebten aber ein von Ute Legner inszeniertes Stück, das eher junge Erwachsene als Zielgruppe anspricht. Eine gewisse Reife und geschichtliche Grundkenntnisse werden vorausgesetzt.
In dem Theaterstück „Der Jazzdirigent“ von Wolfgang Sréter geht es um Paul Weißenberg, einen jungen deutschen Soldaten, und dessen verbotene Leidenschaft - den Jazz.
Paul träumt davon, eines Tages nach Amerika zu gehen und dort Big-Band-Dirigent zu werden. Er stellt sich vor, dort unter dem Namen Paul White Konzerte zu geben und den Beifall seiner begeisterten Fans entgegenzunehmen. Das nötige Können und die Begeisterung dazu hat er, einen Taktstock und einen weißen Anzug auch. Das Einzige, was seinen Träumen im Weg steht, ist Hitler und sein großer Krieg mit hunderten Schlachtschiffen, U-Booten und Flugzeugen, die eine Schiffspassage von Hamburg nach New York City unmöglich machen. Da ihm also an einem schnellen Ende des Krieges gelegen ist, schließt er sich der Widerstandsgruppe um seinen Nachbarn an. Er erklärt sich bereit, die Druckmaschine, mit der der Nachbar Flugblätter hergestellt hat, an einen sicheren Ort zu schaffen, wird jedoch erwischt und ins Gefängnis geworfen, Dort wird er zahllosen Verhören unterzogen, weigert sich jedoch die Namen der Mitglieder der Gruppe zu nennen. Als ihm aber eine Liste mit Namen, die der ebenfalls inhaftierte Nachbar erstellt hat, vorgelegt wird, um sie mit einer Unterschrift zu bestätigen, sieht er darin seine letzte Chance dem sicheren Tod zu entgehen und unterschreibt. Es hilft jedoch nicht; er bleibt weiter inhaftiert.
Am Ende rettet ihn der Zufall. Noch am Abend, bevor die Amerikaner das Gefängnis befreien, werden sämtliche Insassen exekutiert oder besser: abgeschlachtet. Paul entgeht dem Tod nur, weil er in seiner Kellerzelle vergessen wird. Am nächsten Morgen wird er von einem jungen GI befreit. Doch auch nach dem Krieg erfüllt sich sein Traum nicht; statt „Jazzdirigent“ wird er Brückeningenieur.
Das Stück ist schlicht inszeniert. Eine einzige Schauspielerin (Karla Andrä) erzählt als Nichte der Hauptfigur Pauls Geschichte und spielt die jeweilige Handlung pantomimisch nach. Das Geschehen wird von zwei Musikern (Josef Holzhauser und Uli Fiedler) untermalt; natürlich spielen sie Jazz. Als Kulisse dienen nur einige Instrumentenkoffer. Dadurch fehlt es dem Stück zwar ein bisschen an sichtbarer Action. Die hervorragende schauspielerische Leistung Karla Andräs gleicht dies jedoch wieder aus. Die Wirkung der deprimierenden Handlung wird nicht mit realistisch-fotografischen Bühnenmitteln erzielt, sondern mit einem meditativen Spielraum, der Platz für eigene Vorstellungen und individuelles Empfinden beim Zuschauen lässt. Wir verließen das Theater tief beeindruckt.

(Lukas Heger, Klasse 9N)



   
  Karla Andrä erzählt vor total schwarzem Hintergrund die Geschichte ihres Onkels.   Zwei Musiker untermalen die Geschichte mit Jazzvariationen.
 

   
  Mitunter spielen die Musiker auch kleine Rollen im Stück.   Außer den Instrumenten gibt es auf der Bühne kaum Requisiten zu sehen.
 

   
  Karla Andrä und Josef Holzhauser im Gespräch mit Deutschlehrer Gärtner   Im Publikum auch unsere Praktikantin Irene Horn